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Zehn Tipps für Dialoge

Hier sind, in kurzer Form, 10 essentielle Tipps zum Schreiben von Dialogen:

 

  • Löse dich von der Vorstellung, dass Sprache in einem Dialog klingen muss „wie sie wirklich gesprochen wird“. Sprache im geschriebenen Dialog ist Kunstsprache. Stell dir vor, wir würden jedes "Äh", jede Wiederholung, jeden unvollständigen Satz, jede Belanglosigkeit, mit der wir in einem realen Gespräch Vertrauen aufbauen, auch in unseren Dialogen wiederfinden. Zu diesem Punkt werde ich vermutlich demnächst noch einen eigenen Artikel verfassen.
  • Entwickle echte Figuren. Hast du Figuren mit wirklichen Anliegen, Wünschen und Ängsten, wird sich der Dialog viel leichter ergeben.
  • Gib mindestens einer Figur ein konkretes Anliegen, mit dem sie in den Dialog geht (zum Beispiel: André will Sarah überreden, am Wochenende mit ihm schwimmen zu gehen) und ein Problem, das bei diesem Anliegen auftritt (Sarah will sich auf keinen Fall halb nackt zeigen / Sarah mag André überhaupt nicht / Sarah fährt am Wochenende mit ihrem Ehemann nach Amsterdam / André will Sarah zwar überreden, gleichzeitig aber nicht zeigen, dass er Interesse an ihr hat / André will mit Sarah schwimmen gehen, aber nur, um dort Rosalie zu treffen, was Sarah nicht erfahren soll...) Und überleg dir unbedingt auch: Was ist Sarahs Anliegen in diesem Dialog?
  • Frag dich, welche Machtverhältnisse zwischen den Figuren bestehen und wie sie sich im Dialog entwickeln.
  • Welche Entwicklung nimmt dein Dialog? Nur in Ausnahmefällen funktioniert er ohne. Idealerweise verläuft die Entwicklung über mindestens drei Stationen. Die ganz klassische Version sieht so aus: Station Eins: Problem, Station Zwei: Problem scheint gelöst, Station Drei: Problem ist größer als zuvor.
  • Dein Dialog sollte nicht losgelöst vom Rest des Texts existieren, sondern sich daraus ergeben. Sprich: wenn der Inhalt deiner Geschichte absurd ist, solltest du nicht plötzlich ernsthaft tiefschürfend Beziehungsprobleme ausdiskutieren.
  • Überhaupt dient ein literarischer Dialog nicht dazu, irgendetwas auszudiskutieren. Weniger ist mehr! Personen sagen nicht alles, was sie denken. Vieles halten sie zurück. Wenn ich ein philosophisches Problem wie vegane Ernährung durch meine Figuren besprechen lassen will, sollten die Figuren weitgehend gleich stark sein. Beide brauchen ihre berechtigten Argumente, originelle Gedanken oder Bilder, starke Worte. Wenn einer wortgewaltig ist, der andere aber durch sein beharrendes Schweigen Macht erzeugt, entsteht ein Dialog, in dem es um die Beziehung der Figuren zueinander geht, das Aushandeln von Stärke und Macht – weniger um das Thema vegane Ernährung selbst. Worum also geht es dir in deinem Dialog wirklich? Die Figuren, die das Thema nutzen, um ihre Konstellation auszuhandeln? Oder benutzt du die Figuren als Träger von Ansichten? Kannst du machen, aber dann schaffe sie trotzdem lebendig und stark. Figuren sollten keine Pappkameraden sein, durch die du als Autor sprichst.
  • Was ist der Subtext deiner Sätze: Was denkt oder will die Figur, was sie nicht aussprechen möchte?
  • Wir alle schreiben Dialoge gern zu lang. Begrüßungs- und Verabschiedungsformeln können fast immer raus. Finde den richtigen Moment zum Einstieg in den Dialog und den richtigen Moment hinauszugehen. Ich kann mich als Autor von den Figuren verabschieden, bevor sie sich Auf Wiedersehen sagen. Auch im Dialog selbst kannst du meist noch eine Menge kürzen. Probier es mal aus: Wie viel kannst du streichen, so dass der Dialog immer noch stehen kann? Das Ergebnis ist in der Regel die beste Variante.
  • Nein, es ist eher keine so gute Idee, Informationen in einem Dialog zu vermitteln. Natürlich ist das auch Geschmackssache. Ich persönlich werfe ein Buch am liebsten in die Ecke, wenn mir ständig Hintergrundinformationen im Dialog vermittelt werden, nur weil der Autor nicht wusste, wie er sie besser verpacken sollte. Jedenfalls macht das, im Gegensatz zu dem, was manche Ratgeber sagen, meiner Meinung nach einen Text keineswegs lebendiger, es sei denn, es ist sehr geschickt gemacht – und das ist es selten. Natürlich kannst du schon auch mal eine neue Info nebenbei einbauen... aber eben bitte nur in kleinen Mengen. Ein Dialog ist kein Informationsvermittler! Er ist vor allem ein Figurenvermittler.